Bischofswahl: Wer wird´s?

Bischofswahl: Wer tritt an?

Am 23. Januar wurde überraschend, noch vor der amtlichen Frist, bekannt, welche vier Männer und Frauen sich um das Bischofsamt in der ELKB bewerben. Gewählt wird am 27. März, wahlberechtigt sind die Mitglieder der Landessynode. Aber natürlich ist die Frage „Wer wird‘s“ von aller-höchstem Interesse. Der AEE stellte den Kandidierenden drei kurze Fragen. Die Antworten von Gabriele Horschelmann, Nina Lubomierski, Christian Kopp und Klaus Schlicker stellen wir hier vor.

 

Würden Sie eine politische Bischöfin/ein politischer Bischof sein?

 


 

Direktorin Dr. Gabriele Hoerschelmann, Neuendettelsau

Als Direktorin von Mission EineWelt habe ich einen weiten Horizont für die Situation der Menschen in den Kirchen weltweit. Mich bewegen die Nöte der Menschen, die nicht selten durch die politischen Bedingungen verursacht werden. Natürlich ist die Kirche keine politische Partei. Es ist ihr Anspruch, Menschen unterschiedlicher politischer Prägung ein geistliches Zuhause zu bieten.

Aber wir sind als Kirche immer Teil der Welt. Wenn wir in dieser Gesellschaft ein relevanter Player sein wollen, dann muss die evangelische Perspektive in den öffentlichen Diskurs gebracht werden. Wir haben als Christen eine evangelische Haltung zu Fragen einzubringen, die die Menschen heute bewegen. Ich sehe die Aufgabe der Bischöfin in zweierlei Hinsicht: Orientierung innerhalb der Kirche zu geben und nach außen die evangelische Stimme in der Gesellschaft hörbar zu machen.

 

 

 

 

Regionalbischof Christian Kopp, München

Das Leben und die Botschaft von Jesus aus Nazareth sind für mich persönlich der Schlüssel zu einem guten Leben. Sie helfen mir, mein Leben in allen Höhen und Tiefen zu gestalten und manchmal die Schrecken des Lebens auch einfach nur zu ertragen. Jesus hat keinen Unterschied gemacht zwischen politisch und unpolitisch. Der erste Auftrag für mich als Pfarrer ist ein spiritueller, ein seelsorgerlicher. Aber das Innen und das Außen von Menschen sind eng verbunden. Menschen leben in Gemeinschaft, im Gemeinwesen. Darum ist es regelmäßig nötig, in Fragen von sozialer Gerechtigkeit oder dem nötigen Ausgleich der Interessen zwischen den Starken und den Schwachen für den Frieden in einem Staat und in der Welt klar Stellung zu beziehen. Oder auch die so drängenden ökologischen Fragen nach dem Klima und der Gerechtigkeit – da kann die Kirche nie schweigen. Das versuche ich in meiner jetzigen Aufgabe, das würde ich dann auch tun.

Dekan Klaus Schlicker, Windsbach

Ein Bischof muss immer auch politisch sein. Natürlich muss er sich nicht zu jeder Einzelfrage der Tagespolitik äußern. Er wird zu grundlegenden Fragen die Position des christlichen Glaubens einbringen wie zum Beispiel zu Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung oder der Würde jedes Menschen.

Wichtig ist mir dabei: Alle Mitglieder der Kirche sollen sich als gleichwertige Mitglieder fühlen können, auch wenn sie unterschiedliche politische Meinungen vertreten.

 

Frau mit schwarzem Collarhemd
Bildrechte AEE
Dekanin Dr. Nina Lubomierski, Landshut

Ein Blick auf den historischen Jesus und sein Schicksal zeigt, dass sein Wirken und seine Lehre von seinen Zeitgenossen als politisch wahrgenommen wurden und von der römischen Besatzungsmacht als Bedrohung. In einer Demokratie kann die Kirche dazu beitragen, dass politische Diskurse offengehalten, christliche Werte in Diskussionen eingebracht und marginalisierte Gruppen in den Blick genommen werden. Außerdem hat die Fürbitte für politische Entscheidungsträger und -trägerinnen eine lange christliche Tradition.

Für das bischöfliche Amt schärft die lutherische Tradition mit Confessio Augustana 28 eine Unterscheidbarkeit, aber keine Trennung zwischen Politik und Kirche ein.

Auch die ELKB wird kleiner und älter, wir sind schon eine Minderheit. Macht Ihnen das Angst?

Hörschelmann: Nein, es macht mir keineswegs Angst eine Minderheit zu sein. Dafür kenne ich zu viele Kirchen, die durchaus blühen und sich entwickeln, auch wenn sie in einem Land keine Mehrheit bilden. Allerdings sollten wir uns mit dem „kleiner und älter“ werden nicht abfinden. Hier wünsche ich mir ein starkes Selbstbewusstsein in der Kirche, das eine herzliche Willkommenskultur pflegt, die Menschen an ihren Orten aufsucht, sie in ihrem Leben begleitet und dabei alle Generationen liebevoll im Blick behält. Die Kirche hat eine starke missionarische Kraft in die Wiege gelegt bekommen. Den Kopf in den Sand stecken gilt nicht!

Kopp: Wir sind eine starke Gemeinschaft. Über zwei Millionen Menschen sind Mitglied der ELKB. Da findest Du überall besondere und tolle Menschen. Ich mache mir da keinerlei Sorge (und schon gar keine Angst), dass diese Menschen nicht auch in Zukunft kreativ, fromm, leidenschaftlich und engagiert in den Netzwerken überall in Bayern Gutes organisieren, Menschen unterstützen und schöne Erfahrungen ermöglichen.

In meinem ganzen beruflichen Weg war es mir immer wichtig, in die gesellschaftlichen Netzwerke zu gehen und die verschiedenen Menschen zusammen zu bringen. Wir bringen dabei die spirituelle Perspektive ein, die ist  wichtig. Ich mag Veränderungen. Manche der jetzt anstehenden Veränderungen hätte ich mir nicht gewünscht. Aber für mich geht es darum, die jetzt zu begleiten und Wege in Zukunft zu suchen. Die Traurigen und die sich noch schwer tun mit der Veränderung, brauchen gute Begleitung.

Schlicker: Die ELKB lernt, sich auf die neue Situation einzustellen. Ich hoffe, dass sie sich weniger mit sich selbst beschäftigen wird, sondern noch klarer ihren Auftrag erfüllt: Gott zu ehren und den Menschen zu helfen, im Glauben an Jesus Christus Orientierung für Hoffen und Handeln zu finden. Sie wird profilierter, spiritueller, ehrlich und selbstkritisch sein. Sie wird Gott und den Menschen nahe sein und Trost spenden. Sie wird sich deutlich für Bedürftige einsetzen, missionarisch und diakonisch sein. All das wird sie attraktiv machen. Mir ist um die ELKB nicht bange.

 

Lubomierski: Mein Konfirmationsspruch lautet: „Auf Gott hoffe ich und fürchte mich nicht.“ (Ps 56,12) Danach versuche ich zu leben und bin überzeugt, dass wir die Herausforderungen in der ELKB besser meistern werden, wenn wir zuversichtlich und hoffnungsfroh sind.

 

Der Personalmangel bei Pfarrpersonen und in der Verwaltung ist eine große Herausforderung für die Gemeinden. Müsste nicht auch in den zentralen Diensten unserer Landeskirche sparsamer mit Personal umgegangen werden?

Hörschelmann: Der Personalmangel zieht sich nicht nur durch die Gemeinden, sondern auch durch die Dienste und Einrichtungen. Deswegen strukturieren viele um und kooperieren mit anderen. Mission EineWelt hat 2022 seine ganze Inlandsarbeit umstrukturiert und Stellen reduziert. Auch das Amt für Gemeindedienst, das Amt für Jugendarbeit und die Gemeindeakademie stecken in einer umfassenden Fusion. Das Landeskirchenamt hat erste Pläne zum „LKA 2030“ vorgelegt, die den Stellenabbau einschließen.

Aber, wenn wir nur in den Insolvenzgesang „sparen und abbauen“ einstimmen, dann tut uns das nicht gut. Diese Gesellschaft braucht uns, sie braucht unsere Stimme, die mutmachenden Geschichten des Evangeliums und unsere Rituale an den Knotenpunkten des menschlichen Lebens. Überall da entsteht Resonanz. Da kommt Leben in Schwingung.

Ich würde gerne einen Blickwechsel vornehmen.

Lassen Sie uns nicht nur fragen, „wie können wir mehr sparen?“, sondern: Wer gibt uns Geld für unsere wichtigen Aufgaben? Wie verteilen wir bestimmte Aufgaben sachgerecht auf andere Berufe? Wie machen wir den Pfarrberuf für heutige junge Menschen attraktiv? Wie können wir Menschen aus anderen Berufserfahrungen den Quereinstieg in kirchliche Berufe erleichtern? Und lassen Sie uns – um Gottes Willen – Neues ausprobieren.

 

Kopp: Wir sind als Landeskirche mit dem Prozess Profil und Konzentration mittendrin in wichtigen Schwerpunktsetzungen. Ich halte gar nichts davon, jetzt plakativ zu sagen, da darf nicht gespart werden (am besten noch aus Prinzip), an anderen Punkten aber schon. Wir schauen im Moment in den kirchenleitenden Organen genau hin und entwickeln gute, tragfähige Lösungen für eine kleiner werdende Kirche. Unser Gleichgewicht in der Landeskirche finde ich ziemlich gut ausbalanciert. Wir brauchen Kirche vor Ort so viel und kreativ es nur geht. Aber wir brauchen auch Unterstützung und Engagement für ganz Bayern, hier auch so viel und kreativ wie es nur geht. Beides ist Kirche. Bei uns ist niemand überflüssig. Die kirchliche Arbeit macht doch so viel Sinn. Bei weniger Menschen in pastoralen, theologisch-pädagogischen Diensten brauchen wir intelligente Lösungen für die Gemeinden und für die Regionen, damit dort auch mit weniger Personen gerne und geistvoll gearbeitet werden kann.

 

Schlicker: Diese Herausforderung wird in allen Bereichen noch entschiedener anzugehen sein. Verwaltung und die zentralen Dienste müssen einerseits verschlankt werden. Andererseits müssen sie doch so effektiv arbeiten, dass die Personen im Pfarrdienst von allem entlastet werden, was nicht ihr Kerngeschäft ist. Und dieses Kerngeschäft wird neben Verkündigung und Seelsorge vor allem auch die Befähigung und Begleitung von sog. Ehrenamtlichen sein. Die Kirche wird dadurch weniger pfarrerzentriert sein. Sie wird demokratischer.

 

Lubomierski: Angesichts des Personalmangels werden wir uns in Zukunft noch genauer ansehen müssen, für welche Aufgaben welche Berufsgruppe die geeignetste ist. Pfarrpersonen in den Gemeinden werden insbesondere von Verwaltungsaufgaben entlastet werden müssen, damit sie sich ihren eigentlichen Aufgaben zuwenden können. Ferner müssen wir noch stärker in die Nachwuchsgewinnung investieren und daran arbeiten, eine attraktive Arbeitgeberin in Kirche, Verwaltung und Diakonie zu bleiben.