Wie geht`s weiter mit dem AEE? Eine Zukunftskonferenz, die in diesen Tagen in Nürnberg stattfand, sollte der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Erneuerung eine Perspektive aufzeigen. Johannes Herold, AEE-Sprecher, und Hans-Gerhard Koch, altgedienter Kämpfer unserer progressiven Richtungsgruppe, fassten das Ergebnis dieses Zukunftsworkshops so zusammen: "Die Stimme des AEE darf nicht verstummen".
Oder anders ausgedrückt: Der Protestantismus, gerade weil er immer weniger politisch ist, braucht so etwas wie eine links-liberale, progressive Kirchenpartei. Herold befand: "Die Ideen, die den AEE in den 70er Jahren zusammengebracht und geprägt haben, die passen ja auch heute noch!" Und müssen sozusagen neu angewendet werden: etwa auf die Freidensfrage heute und ganz aktuell, oder auf den Missbrauch, wie er nicht nur die katholische Kirche betrifft.
Deshalb braucht unser "Verein alter weißer Männer" (HG Koch) neue Bündnispartner. "Vernetzung" ist die neue Herausforderung, so Herold. Als ein Beispiel verweist Herold auf die Gruppe "Christians for future", die auch an diesem Zukunftsworkshop teilnahm. Klimaschutz sei der Berührunspunkt, um sich neuen Kreisen zu öffnen. "sonst drehen wir uns immer nur im eigenen Milieu", befürchtet Herold.
Stichworte aus dem Workshop dazu, was "unser Traum von Kirche" wäre:
Laura Killer (Christians for future) will "eine junge Kirche, die Partei ergreift, ökumenisch und weltweit, die nachhaltig wirtschaftet." Silvia Jühne (Lesbisch-schwuler Konvent) ist für "eine Kirche ohne Ausgrenzung, ohne Angst vor Diskriminierung, ohne Fundamentalismus". Und Sigrid Grabmeier (von "Wir sind Kirche") wünscht sich "eine geschwisterliche Kirche mit flachen Hierarchien, an der jeder und jede teilhaben kann, die sich in die Welt begibt, niemand ausgrenzt, Menschendienst statt Gottesdienst feiert."
Auch auf die Fragestellung, "ob man eigentlich den AEE braucht", gab es spannende Antworten, die mit einem Ja begannen: etwa, "Ja, wenn er mutige Schritte tut und auch mal kompromisslos ist", "Ja, wenn er heiße Eisen anfasst", "Ja, wenn er seine Botschaft mit 7 Sätzen sagen kann (wie seinerzeit die Sieben Wegweiser, die unsere Gäste immer noch gut finden); Ja, "wenn er der „kirchliche Arm“ ist für die Jungen und Alten, die auf die Straße gehen"; Ja, "wenn er entschlossen auf die Ehrenamtlichen zugeht".
Anlass und Ausgangspunkt dieses Workshops war und ist eine durchaus zwispältige Bestandsaufnahme: Der progressive AEE, 1968 gegründet, hat in den letzten über fünf Jahrzehnten - einerseits - eine ungeheure Fülle von Themen und Ideen beackert, hat sich insbesondere im Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung engagiert, trat für mehr Demokratie in der Kirche und für ein stärkeres soziales und politisches Engagement dieser Kirche ein und hat auf diese Weise eine Reihe von Reformprozessen in der evangelischen Landeskirche angestoßen. Er hat sich aber - andererseits - fast schon am eigenen Erfolg der früheren Zeit überflüssig gemacht , wie es unlängst ein Mitglied unserer Richtungsgruppe ausdrückte, und dies in einer Kirche, die sich selbst immer weniger als eine politische Kirche versteht. Wir zählen immer noch 200 Mitglieder heute, jedoch die Zahl der aktiv Engagierten ist überschaubar. HG Koch: "Die „alten weißen Männer“, die derzeit unsere Kommunikation machen, sind zu wenig. Wir brauchen unbedingt ein paar Menschen der mittleren Generation, die sich aktiv einbringen."
Bericht: Lutz Taubert
aufgrund von Gesprächen
mit Johannes Herold und Hans-Gerhard Koch.