Ein Klimaschutzgesetz für die ELKB

Ein Dringlichkeitsantrag der Synode macht dem Landeskirchenrat Beine / Von Gerhard Monninger

LogoSchon im Herbst will die bayerische Landessynode „ein umfassendes Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes innerhalb der evangelisch-lutherischen Landeskirche“ beschließen. Es wäre ein wichtiger Schritt zu einem weiteren Etappenziel: Bis 2035 sollen alle Gliedkirchen der EKD klimaneutral werden. Unser Autor Gerhard Monninger analysiert das ambitionierte Gesetzesvorhaben.

„Wir wissen sehr vieles und tun sehr wenig“, bekannte die Landessynode 1989 in einer Botschaft zur Bewahrung der Schöpfung und rief dazu auf, „Unbequemes zu wagen und Einschränkungen nicht zu scheuen“. Leider ist sie und mit ihr die gesamte Kirchenleitung hinter diesem Appell immer wieder zurückgeblieben. Ja, seit 1992 gibt es einen (nicht nur nebenamtlichen) landeskirchlichen Umweltbeauftragten, aber zehn Jahre später wäre die Stelle um ein Haar wieder abgeschafft worden.

Ja, es gab 2009 die Erklärung der Synode von Bad Windsheim „Mit Energie für gutes Klima“, mit der offiziell das Umweltmanagementsystem Grüner Gockel (das es freilich auch vorher schon gab) eingeführt wurde. Aber die Arbeitsstelle „Klimacheck und Umweltmanagement“, geschaffen zur Umsetzung  dieses Vorhabens, wird in ihrer Befristung und finanziellen Ausstattung bis heute viel zu knapp gehalten.

Zum Vergleich: Während in der ELKB die Stelleninhaberin in 30 Stunden pro Woche 200 Gemeinden auf dem Weg zur (Re-)Zertifizierung nach dem Grünen Gockel motivieren, aus- und fortbilden, beraten und das Ganze dokumentieren soll,  gibt es in der Nordkirche für 30 bis 35 Gemeinden eine volle Stelle.

Der Reformprozess „Profil und Konzentration“ (PuK) enthält zwar das Bekenntnis zum „Leitprinzip der Nachhaltigkeit“. Es soll „auf allen Ebenen und für alle Akteure“ gelten. Planungen sollen „enkel- bzw. generationengerecht“ erfolgen, aber konkret ist für die Klima-arbeit der ELKB (noch?) nichts dabei herausgekommen.

Ja, es gibt das Integrierte Klimaschutzkonzept, das die Landessynode in Lindau 2019 beschlossen hat. Seit Dezember 2020 unterstützen Esther Ferstl und Maximilian Boltz als Klimaschutzmanager Kirchengemeinden und kirchlich-diakonische Einrichtungen, Wege für den Klimaschutz vor Ort zu finden. Ein dicker Katalog mit Maßnahmen steht dafür zur Verfügung. Das wichtigste Instrument zum Erreichen der Klimaziele, der Grüne Gockel, erfuhr dadurch einen neuen Schub.

Der Haken daran: Das Integrierte Klimaschutzkonzept verdankt sich der nationalen Klimaschutz-Initiative des Bundesumweltministeriums. Die Landeskirche bekommt es mal abgesehen von der Tatkraft und dem Organisationstalent des Umweltbeauftragten Wolfgang Schürger   nahezu geschenkt. Das Geld fließt freilich, wie es bei Projekten üblich ist,  nur drei Jahre – und was dann?

Natürlich wäre es nahezu fahrlässig, ein staatliches Förderprogramm dieser Art nicht in Anspruch zu nehmen, aber geht die Kirche damit nicht die Verpflichtung ein, die Anstrengungen für Klimaschutz auch aus eigener Kraft fortzusetzen?

In dieser Situation erscheint es fast wie ein kleines Wunder, was bei der digitalen Synodaltagung am 13. November 2021 geschah: Mit 88 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 4 Enthaltungen wurde ein Dringlichkeitsantrag angenommen, in dem die Landessynode den Landeskirchenrat bittet, „der Landessynode spätestens bis zur Herbsttagung 2022 ein umfassendes Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes innerhalb der ELKB vorzulegen“.

In dem Antrag heißt es:

  • Das Gesetz soll Klimaschutzziele, Instrumente sowie verbindlich zu ergreifende Maßnahmen für die verschiedenen Ebenen und Einrichtungen der ELKB beinhalten. Jährliche Etappenziele sind mit verbindlichen Überprüfungs- und Anpassungsmechanismen zu versehen.
  • Bestehende Maßnahmen des Integrierten Klimaschutzkonzepts der  ELKB sollen mit dem Gesetz verbindlich gemacht werden. Insbesondere die Handlungsfelder Mobilität, Gebäudemanagement, Energie und Beschaffungswesen sind hier zu berücksichtigen.
  • Darüber hinaus sollte mit diesem Gesetz ein tragfähiges Finanzierungskonzept für den Klimaschutz in der ELKB definiert werden.
  • Entwicklungen im Bereich des kirchlichen Klimaschutzes auf Ebene der EKD sollen von der ELKB beachtet werden.
  • Bestehende Klimaschutzgesetze anderer Gliedkirchen, wie z. B. aus der Nordkirche und der ELKW, können für ein Gesetz der ELKB Orientierung bieten.

Erstunterzeichner dieses ersten Textentwurfs waren Kilian Deyerl, Julia Fuchs, Jan Götz, Paula Tiggemann, Anna-Nicole Heinrich, Fabian Meißner, Randolf Herrmann, Cornelia Blendinger, Stefanie Schardien und Michael Krah.

Ein umfassendes Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes innerhalb der ELKB! Ist das jetzt der  Durchbruch? Werden die Defizite in der Umwelt- und Klimaarbeit jetzt behoben? Ja, die Chance besteht, aber die Sache ist noch längst nicht in trockenen Tüchern. Noch ist die Zeit für ein Hosianna nicht gekommen. Auf die federführende Stelle im Landeskirchenamt und den Beauftragten für Umwelt- und Klimaverantwortung kommt jetzt die arbeitsintensive Aufgabe zu, schnell einen Gesetzestext zu formulieren.

Hilfreich kann sein, dass die EKD-Synode kurz vor der bayerischen Synodaltagung einen wegweisenden Beschluss gefasst hat.

Die Gliedkirchen der EKD sollen bis 2035 klimaneutral werden. Dieses Ziel gilt verbindlich für alle Landeskirchen und soll über eine „Roadmap“ mit jährlich zu überprüfenden Etappenzielen erreicht werden. Damit ist etwas mehr Dampf im Kessel, und das ist dringend nötig, denn bisher hat die EKD immer wieder ihre Klimaziele verfehlt.

Wolfgang Schürger und sein Team sitzen schon daran, die Einzelelemente für das Gesetz zu erarbeiten. Er nennt das Vorhaben „sehr ambitioniert, wenn das Gesetz schon im Herbst verabschiedet werden soll“. Die entscheidende Deadline sei schon die Klausur des Finanzausschusses im Mai.

Folgende Schritte sind jetzt dran:

Als Erstes braucht man belastbare Zahlen über die aktuellen Emissionen. Nur so können die „jährlichen Etappenziele“ überprüft werden. In einem zweiten Schritt werden Maßnahmen und Zeitkorridore beschrieben, wie die Emissionen deutlich reduziert werden können (der Maßnahmenkatalog im Integrierten Klimaschutzkonzept ist da hilfreich).

Schließlich geht es darum, die Kosten dieser Maßnahmen zu beziffern. Schlagkräftig wird das neue Klimaschutzgesetz nur, wenn es auch die personellen und finanziellen Ressourcen sichert, die es braucht, um die Maßnahmen umzusetzen. Mehr noch: Ohne eine klare Aussage zu Finanzmitteln wäre das Gesetz sinnlos.

Gerhard Monninger