12 Leitsätze und 10 Gebote

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Nun ja: Die zehn Gebote sind bekannter und auch wesentlich kürzer als die 12 Leitsätze der Evangelischen Kirche in Deutschland, die unter dem Motto „Kirche auf gutem Grund“ jetzt kirchenamtlich und synodal beschlossen vorliegen. Kritik und Zustimmung gab´s beides genügend zu diesen innerkirchlich zunächst heftig umstrittenen Thesen „zur Zukunft einer aufgeschlossenen Kirche“. Eine kirchenpolitische Einordnung aus bayerischer Sicht bringt unsere Autorin Elke Zimmermann im nächsten BuK. Elke Zimmermann ist Rundfunk-Redakteurin und Moderatorin beim Evangelischen Presseverband für Bayern und Mitglied der bayerischen Landessynode. Und AEE-Mitglied. Klicken Sie auf ...

12 Leitsätze und 10 Gebote

… muss man nicht unbedingt gegeneinander ausspielen / Von Elke Zimmermann

 

Es muss ziemlich bitter sein, sich jahrelang mit einem Thema zu beschäftigen, ein zukunftsfähiges Werk zu schaffen, nur damit es in einer Schublade verschwindet. So scheint es mir, geht es den zwölf Leitsätzen „Auf gutem Grund“ der EKD zumindest in Bayern. Beim Bischofsbericht während der digitalen Herbstsynode hat Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm diese gerade frisch verabschiedeten Leitsätze jedenfalls mit keinem Wort erwähnt. Erst auf Rückfrage meinte er sinngemäß, dass es in Bayern ja den PuK-Prozess gäbe (PuK für: Profil und Konzentration) . Und der gehe über diese Leitsätze hinaus. Bayern sei da schon viel weiter.

Das klingt mal wieder typisch bayerisch: wir sind die Musterschüler der Nation und sowieso schon ganz weit vorne. Überhaupt haben wir ja sowieso schon viel früher angefangen als alle anderen. Also müssen uns diese EKD-Leitsätze überhaupt interessieren?

Ich meine, doch. Es könnte hilfreich sein, beide Konzepte nebeneinander zu legen und damit zu arbeiten. „Profil und Konzentration“ ist ein Praxis- und Mitmachprojekt. Die Begeisterung, sich zu beteiligen ist zwar unterschiedlich groß, aber niemand kommt diesem Prozess aus. Alle müssen irgendwie mitmachen - von den Gemeindemitgliedern bis zu allen Ebenen der Landeskirche. Es heißt, Schwerpunkte zu finden, anderes möglicherweise zu lassen. Was, das wird sich spätestens zeigen, wenn es weniger Geld und weniger Personal gibt.

Die Corona-Pandemie hat nicht nur das öffentliche Leben und das Gemeindeleben zu einem Zwangsstopp gezwungen. Sie hat auch dafür gesorgt, dass manche Entscheidung notgedrungen von selbst fallen musste. Alternative Konzepte für Gottesdienste mussten gemacht und nicht nur gedacht werden.

Wie erreichen wir unsere Mitglieder, wenn die Kirchen zu sind? Geht das nur digital oder gibt es auch noch andere Möglichkeiten? Was brauchen diese Menschen jetzt? Was können wir überhaupt leisten? Werden Gruppen, die seit fast einem Jahr Zwangspause haben, je wieder weitermachen? Und wenn nicht, waren sie nicht sowieso überflüssig? Wie können wir mit den Nachbargemeinden zusammenarbeiten?

Da entsteht „Profil und Konzentration“ ganz von selbst. Sogar, wenn keine Konferenzen unter der Überschrift stattfinden. Fraglich ist vom jetzigen Standpunkt nur, ob wir wirklich etwas für die Zukunft gelernt haben. Das wird die Aufarbeitung nach Corona zeigen. Sicher ist bislang nur, dass wir nicht wieder dorthin zurückkehren können, wo wir vorher waren. Vieles wird für gut und besser befunden werden, bei anderen Angeboten freuen sich alle darüber, dass es sie wieder gibt. Wer hätte je gedacht, dass das Singen so beliebt ist, jetzt wo wir nicht mehr dürfen.

Vielleicht helfen uns dabei die Leitsätze der EKD zur Vergewisserung. Sie sind klarer formuliert als PuK und sie können einen zusätzlichen Impuls für Denkanstöße und Diskussionsgrundlagen liefern. Immerhin handelt es sich um eine Arbeitsgrundlage und nicht um eine Bekenntnisschrift. Als solche sollten wir auch damit umgehen. Dass in zwölf Sätzen nicht das ganze kirchliche Leben abgebildet sein kann, sollte klar sein.

Da vermisse ich mehr Gelassenheit bei den Kritikern. Manchmal stelle ich mir vor, was die wohl zu den Zehn Geboten gesagt hätten, wenn sie heute veröffentlicht würden. Darin wird weder die Seelsorge, die Gemeinde noch Pfarrer*innen erwähnt. Und trotzdem haben sie mehr Relevanz als alle Leitlinien zusammen und helfen auch heute noch dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Vielleicht sind die zwölf Leitsätze dafür ja eine gute Ergänzung, wenn es um unsere Kirche geht.

Elke Zimmermann